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Afrika: Die Fluchtursachen-Beschaffer - Champagner /Golfplaetze fuer Gabun
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Wende
2018-12-15 07:51:16 UTC
Permalink
15.12.2018
Afrika: Die Fluchtursachen-Beschaffer

Alles Gerede über „Good Governance“ in Afrika ist oft nur
rhetorische Kosmetik. Man braucht sich nur einmal die
exorbitanten Champagner-Exporte in die ärmsten Länder
anzusehen. Wie wenig deutsche Politiker die Korruption
bei der Vergabe von Entwicklungshilfe interessiert, zeigte
sich jüngst im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung des Deutschen Bundestages.
[...]
Laut Gesetz haben alle Bürger der Mitgliedstaaten der West-
afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) das Recht, in
jedes andere Mitgliedsland zu reisen und dort bis zu 90 Tage
zu bleiben. Der togolesische Journalist Ibrahim Ored’ola
Falola schreibt jedoch in der Zeitschrift E+Z 9-10/2018:

„Ein togolesischer Student, der in Ghana lebt, beklagt
sich, dass er bei jedem Grenzübertritt den ghanaischen
Grenzbeamten bestechen muss. Ähnliche Beschwerden hört
man an der Grenze Benin zu Togo. Das ist eine organi-
sierte Mafia. Sie teilen das Geld mit ihren Bossen,
sagt ein nigerianischer Händler.“

Die Bevölkerung hat wegen Korruption und Machtmissbrauch kaum
Vertrauen in den Staat. Afrikanische „Eliten“ ducken sich mit
dem Fehlen von gerechten Steuersystemen vor ihrer Verant-
wortung und ihrer Aufgabe weg, für die öffentliche Da-
seinsfürsorge und das Allgemeinwohl zu sorgen. Steuer-
politik ist ein souveränes Vorrecht. Jedes Land kann
seine Steuerpolitik frei bestimmen. Afrika steckt laut
Dereje Alemayehu vom Tax Justice Network Africa (TJNA)
in einem Teufelskreis der Armut. Die Verluste in Zahlen:

Laut Global Financial Integrity (GFI) verloren die Entwick-
lungsländer von 2000 bis 2009 insgesamt 8 Billionen US-
Dollar aufgrund von illegalen Finanzströmen. Der
Verlust Afrikas wird auf 335 Milliarden Dollar geschätzt.
[...]
Champagner und Golfplätze für Gabun
Wenn im Niger Präsident Issoufou sich durch die Hauptstadt
Niamey bewegt, werden die zu durchfahrenden Straßen eine
Stunde vorher gesperrt. Die Menschen in den Straßen müssen
sich während der Vorbeifahrt umdrehen, damit sie ihn
nicht sehen können.

In vielen Ländern Afrikas ist der Staat nicht in der Lage,
den Ausbau von Bildung sicherzustellen. Die Schulen bröckeln
und die Lehrer lassen den Unterricht ausfallen. Der Finanzauf-
wand für Bildung und Ausbildung ist in meisten Staaten in
den vergangenen Jahren ständig gesunken. Dafür hat die
Bürokratie eine Vorliebe für Dienstreisen nach Europa,
teure französische oder italienische Anzüge und Champagner.

Nach Angaben vom Comité interprofessionnel du vin de
Champagne/CIVC wurden von dem noblen Getränk 2016 nach
Südafrika 855 770 Flaschen, nach Nigeria 475 726 Flaschen
und nach der Cote d ‚Ivoire 243 317 verschifft. Laut Radio
FranceInternational (RFI) hat sich der Verbrauch in Afrika
in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Auch das kleine
Gabun gehört zu den Großverbrauchern von Champagner.
[...]
Für einen Aufschwung müssen die Afrikaner ihre Führungskräfte
auswechseln, denn die Erneuerung ihrer Länder wird von
Autokraten, die seit Jahrzehnten an der Macht sind, nicht kommen.

Die hoch gespannten Erwartungen im Wohltätigkeitsgeschäft sind
in den letzten 60 Jahren im Sande verlaufen. Schulen, Gesund-
heitsstationen, Brunnen sind nach kurzer Zeit nur noch sehr
eingeschränkt funktionsfähig. Grund dafür sind in der Regel
mangelndes Interesse der staatlichen Verwaltung an der Fort-
führung dieser Projekte. In der Entwicklungspolitik kommt es
letztlich nie auf abstrakte Begriffe wie „Solidarität“ oder
„soziale Gerechtigkeit“, sondern immer auf deren konkrete
Ausgestaltung an. Was nötig ist, ist eine grundsätzliche
Kehrtwendung auf der Basis eigener, afrikanischer Ressourcen
und unser Rückzug aus der klassischen Entwicklungshilfe.

Regime, die bei Korruption und Betrug eine hohe Kreativität
aufweisen, sollten nicht auch noch durch staatliche Hilfe
legitimiert werden. Korruption wird vielerorts als Begleiter-
scheinung von Entwicklungshilfe toleriert. Die Frage ist, ob
Hilfeleistung vielleicht ein Teil des Problems Korruption ist.

Länder wie Angola, Kamerun brauchen keine Entwicklungshilfe,
sie verfügen längst über genügend eigene Finanzmittel, um
Armut zu bekämpfen. Die wirkliche Hilfe be ginnt mit der
intensiven Förderung von Geburtenkontrolle. Weniger Geburten
haben in Teilen Asiens und Südamerika zu besseren Lebensbe-
dingungen geführt. Die Ignoranz, wenn es um das wahre
Problem Afrikas geht, finde ich erstaunlich.

Dennoch höre ich oft: „Afrika leidet nicht aus eigenem Verschulden
– es wird ausgebeutet und betrogen“. Ich halte es mit Napoleon,
der gesagt haben soll: „Glaube nie an eine Verschwörung, wenn
schlichte Inkompetenz als Erklärung ausreicht!“.

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen
für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter
in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorial-
guinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des
Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor
des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und
erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018.
Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwick-
lungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.
Quelle:
https://www.achgut.com/artikel/afrika_die_fluchtursachen_beschaffer

"Afrika wird armregiert" erinnert mich an den Falco
und Drahdiwaberl - Ausgeflippter Lodenfreak:

mit weniger Dialekt:


w
Heinz Brückner
2018-12-16 15:08:11 UTC
Permalink
am Sat, 15 Dec 2018 08:51:16 +0100 schrieb Wende
Post by Wende
Länder wie Angola, Kamerun brauchen keine Entwicklungshilfe,
sie verfügen längst über genügend eigene Finanzmittel, um
Armut zu bekämpfen. Die wirkliche Hilfe be ginnt mit der
intensiven Förderung von Geburtenkontrolle. Weniger Geburten
haben in Teilen Asiens und Südamerika zu besseren Lebensbe-
dingungen geführt. Die Ignoranz, wenn es um das wahre
Problem Afrikas geht, finde ich erstaunlich.
Dennoch höre ich oft: „Afrika leidet nicht aus eigenem Verschulden
– es wird ausgebeutet und betrogen“. Ich halte es mit Napoleon,
der gesagt haben soll: „Glaube nie an eine Verschwörung, wenn
schlichte Inkompetenz als Erklärung ausreicht!“.
Es kommt halt einiges zusammen, ein bisschen Geschichte und so.
Die Mehrzahl der afrikanischen Staaten muss noch immer mit den
Landkarten-/Lineal-Grenzen der Kolonialzeit zurechtkommen. Die
unterschiedlichsten Völkerschaften, zuweilen tradionell verfein-
det (Ruanda! u.a.), zusammengewürfelt, in oft blutiger Konkurrenz
"vereint", um stammesgeschichtliche Vorherrschaften kämpfend...
Nach der Kolonisationszeit mit ihren vormachtlichen Gouvernements
in die Selbstständigkeit gefallen und - auf ähnliche Weise, aber
nun ohne Ordnungsmächte - von Global-Konzernen ausgebeutet...

Wie lang haben die Europäer gebraucht, sich auf halbwegs
vernünftige Koexistenz zu besinnen, wie lang hat deutsche
Kleinstaaterei mit zig Lokal-"Helden" gebraucht und herum-
gekriegt, bis das Ganze mal endlich friedlich und zusammen
erfolgreich wurde?

Die afrikanischen Staatengebilde von Europas "Gnaden" (s.o.)
hatten nicht die Chance, sich von kleineren Einzelteilen in
größere, besser zusammenpassende Einheiten zu entwickeln...

"Intensive Förderung von Geburtenkontrolle", und das von außen,
als "Beginn" der Entwicklungshilfe, das ist wohl ein falscher
Ansatz, das funktioniert so nicht. Geburtenrückgang ist eine
Folge von Prosperität, nicht der Anfang.

Noch was?

HeB
--
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